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Haushaltsrede 2019 -- Bündnis90 / Die Grünen

Haushaltsrede 2019
Ingelheim, 17.12.2019
Bündnis90 / Die Grünen

Sehr geehrter Stadtvorstand,sehr geehrte Stadtratskolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltungliebe Bürgerinnen und Bürger,

Unser Thema ist heute der Ingelheimer Haushalt 2020. Ein Thema, welches etliche Stunden der Beratungen notwendig macht und uns um Investitionen hart ringen lässt. Vielen Städten und Gemeinden bereitet der Haushalt große Sorgen, da sie nicht über ausreichende Mittel verfügen, um alle wichtigen Aufgaben erfüllen zu können.
Unsere Stadt hingegen ist dank der Gewerbesteuer ihres größten Arbeitgebers in der glücklichen Lage, 2020 genügend Geld zu haben, um die geplanten Investitionen in Höhe von ca. 73 Millionen sicher zu finanzieren. Dies ist seit Jahren eine äußerst komfortable Situation!
Ingelheim geht es gut, keine Frage. Aber wofür das Vermögen der Stadt verwenden? Wie die großen Chancen des Reichtums nutzen? Wie kann man die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger langfristig erhöhen, die Entwicklung der Stadt zukunftsweisend gestalten, um den Anforderungen der nächsten Jahrzehnte gewachsen zu sein?
Für sehr viele Mitbürgerinnen und Mitbürger, nicht nur uns Grünen, ist es ganz klar: der Klimawandel und seine Folgen sind die derzeit größten Herausforderungen weltweit, in unserem Land und auch in unserer Stadt.
Andere fragen sich, warum sollen wir etwas verändern, wenn wir doch nur so wenig für eine Reduzierung der Erderwärmung tun können? Diese Frage wird oft gestellt, um nichts tun zu müssen. Wenn aber viele Menschen etwas bewegen, wird es auch viel sein, was verändert wird.
Um dafür das Bewusstsein zu wecken, die Politiker zum Handeln aufzufordern, gehen Schüler mit ihren Eltern und Großeltern auf die Straßen. Wissenschaftler, Förster, Lehrer und andere demonstrieren mit fridayfourfuture in den Städten. Sie machen darauf aufmerksam, dass wir nur noch sehr wenig Zeit haben, die Erderwärmung zu stoppen und irrreversible Schäden zu verhindern.
Meine Fraktion, Die Grünen, fordert die Stadtverwaltung und den Stadtrat auf, sich ganz klar dazu bekennen: Die Hauptaufgabe für uns muss es sein:
1.    Ingelheim bis 2040 zu einer Nullemission-Stadt zu machen
2.    die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels in Grenzen zu halten.
Der Stadtrat und die Verwaltung haben sich in den letzten Wahlperioden immer wieder mit diesen Angelegenheiten befasst und haben mit dem Leitbild 2022 Schritte in die richtige Richtung getan. Damit ist eine wesentliche Grundlage geschaffen für unsere zukünftige Arbeit, aber dabei darf es nicht bleiben. Jetzt müssen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, die konkret unsere Ziele unterstützen. Die reiche Stadt Ingelheim muss eine Vorreiterrolle übernehmen und zum Vorbild für andere Städte werden.
Wir haben das Leitbild und einen Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz. Aus diesen Gründen sind wir der Meinung, es ist nicht notwendig in Ingelheim den „Klimanotstand“ auszurufen. Aber es ist dringend den „Klimaschutz“ als Querschnittsthema in allen Ämtern und Institutionen der Stadt einzuführen. Das bedeutet: alle Investitionen, Anträge, Gestaltungsvorschläge müssen immer und zuerst unter dem Gesichtspunkt: „Wie wirkt sich diese Maßnahme auf das Klima aus? Wie nachhaltig ist sie?“, betrachtet, diskutiert und entschieden werden. Sonst bleibt es bei Lippenbekenntnissen ohne ausreichende Wirkung.

Das bedeutet, z.B. beim Wohnungsbau, die Innenverdichtung mit Maß zu gestalten. Wir müssen davon ausgehen, dass es auch in Ingelheim im Sommer häufigere und extremere Hitzewellen geben wird. Grüne Plätze mit Bäumen, Fassaden- und Dachbegrünung, Frischluftschneisen und Verschattung müssen bei der Innenstadtverdichtung zur Norm werden, um die Folgen der ansteigenden Temperaturen zu reduzieren. Wir alle leiden darunter, aber besonders Kleinkinder, Kranke und Senioren.
 Photovoltaik auf den Dächern, Passivbauweise bei Neubauten und Quartierslösungen im Baubestand zur Einsparung von Energie, sollten für uns alle selbstverständlich werden. Die Maßnahmen müssen in den zukünftigen Bebauungsplänen berücksichtigt werden.
Baulücken sollten geschlossen, aber innerstädtische Grünflächen erhalten werden. Ein absolutes Tabu ist die Bebauung von Naturschutzflächen!
Ingelheim braucht mehr sozialverträglichen Wohnungsbau für Familien, Rentner, einkommensschwache Mitbürger und für die uns zugewiesenen Flüchtlinge. Um die Mietkosten in Grenzen zu halten, müssen wir im Stadtrat und in der WBI über eine energieeffiziente und ökologische Holzbauweise, den Verzicht auf Kellerbau und Stellplätze diskutieren.
 Zum Ziel Nullemissionstadt zu werden, hilft auch eine städtische Unterstützung bei der energetischen Sanierung von Bestandhäusern.
Um den CO2-Verbrauch zu senken, muss der Autoverkehr reduziert werden. Durch die Erhöhung der Taktung der Stadtbusse, mehr Haltestellen und Optimierung der Fahrstrecken wird der ÖPNV attraktiver. Diese Neuerungen zusammen mit der Ingelheim Karte zum Einführungspreis von 99€ und einem Ausbau des Carsharing-Angebotes lässt hoffentlich etliche Ingelheimer auf das Auto verzichten. Dazu soll auch der Ausbau der Fahrradwege und eine, für alle Verkehrsteilnehmer, gleichberechtigte Verkehrsführung, beitragen. Ebenso der Verleih von Fahrrädern und zukünftig die Unterstützung beim Kauf oder Mieten eines Lastenfahrrades.
Wenn wir unser Leitbild 2022 ernstnehmen, sind Entscheidungen wie der Verzicht auf die Eisbahn und auf Plastikgeschirr bei städtischen Veranstaltungen, absolut richtig. Der Kulturausschuss und der Stadtrat werden sich auch mit Fragen, wie z.B. der Verzicht auf Feuerwerk, energiefressende Gerätschaften und Beleuchtungen, bei Heimatfesten auseinandersetzen und nach Alternativen suchen müssen.
Das alles kostet Geld und Personal. Die Verwaltung wächst und trotzdem reicht es nicht aus. Allein um den Klimaschutz voranzubringen, brauchen wir zusätzliche Unterstützung in den Bereichen Klimamanagement, Landschaftsökologie und Landschaftsarchitektur.
Die Kindergartenplätze reichen nicht aus. Die Stadt muss weitere Kitas bauen und Erzieher- und Erzieherinnen einstellen.
Es gibt viel zu tun in unserer Stadt. In den nächsten Jahren wird in Ingelheim wieder viel bewegen. Die Sanierung des Rathauses kommt, die Planungen laufen. Natürlich soll zukünftig ein modernes, effizientes und auch ansprechendes Gebäude die Verwaltung beherbergen. Wir Grüne hoffen aber auch auf einen Umbau mit Nullernergiestandard, Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung, möglichst viel natürlicher Beleuchtung, passivem Sonnenschutz und die Verwendung ökologischer und klimaschonender Bau- und Dämmstoffe.
Die neue Feuerwache wird fertiggestellt und in den neuen Ortsteilen Heidesheim und Wackernheim werden die Straßen saniert. In Heidesheim laufen die Planungen zur Sanierung der alten Markthalle und der Burg Windeck. Auch über die Gestaltung der Ortsmitte wird nachgedacht. Hier gilt es, genau wie in Wackernheim und Großwinternheim, den dörflichen Charakter zu bewahren und die Bürger in die Beratungen miteinzubeziehen.
Seit Juni dieses Jahrs hat Ingelheim 10.000 Einwohner mehr.
Die Fusion ist für uns alle eine Mammutaufgabe, besonders aber für die Verwaltung. Fast alle Abteilungen sind davon betroffen. An dieser Stelle ein herzlicher Dank an alle für das große Engagement.
Es wird zukünftig immer wieder eine Herausforderung sein zwischen der Verpflichtung das Klima und die Umwelt zu schützen und auch anderen Bedürfnissen der Bürger gerecht zu werden.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Landwirtschaft. Wir wünschen uns eine Förderung des ökologischen Obst- und Weinanbaus.  Dafür muss es von Bund und Land eine größere Unterstützung geben. Doch auch die Stadt kann einiges dazu beitragen. Z.B. das Obst für die Grundschul -und Kindergartenkinder aus ökologischem oder biologischem Anbau kaufen. Ingelheim ist die Stadt mit dem größten Anteil an Öko-Winzern in ganz Rheinland-Pfalz. Darauf kann sie stolz sein. Warum nicht bei Empfängen, Gastgeschenken oder ähnlichem heimische Öko-Produkte bevorzugen? Denn jedem von uns ist klar, nur der Verbraucher kann über die Nachfrage regeln, dass biologische Produkte mehr angebaut werden und die Landwirte umdenken. Diese müssen schließlich davon leben.
Wie schon gesagt, es gibt viel zu tun in Ingelheim. Ich hoffe, liebe Ratskolleginnen und Kollegen, dass wir trotz unterschiedlichen Vorstellungen über Gestaltung und Ziele unserer kommunalen Arbeit, in den nächsten Jahren konstruktiv zusammenarbeiten werden. Es ist richtig, viel miteinander zu diskutieren und zu streiten, aber dabei nicht zu vergessen: Wir alle wollen, dass es den Ingelheimern jetzt und in Zukunft gut geht!
 
Mir ist es noch ein Anliegen mich bei allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung für ihre Unterstützung zu bedanken.
Ich wünsche Ihnen, den Ratskollegen, dem Stadtvorstand, den Verwaltungsmitarbeitern und den Gästen ein erholsames und gesegnetes Weihnachtsfest. Und kommen Sie gut ins neue Jahr!

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